„No Trespassing“

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Vorwort:

Als die erste Eisenbahngesellschaft, die Baltimore and Ohio Railroad, 1827 gegründet wurde, ahnte noch niemand, dass die Eisenbahn den amerikanischen Kontinent insbesondere jenseits des Mississippi erschließen wird.
Nachdem die Nützlichkeit und Zuverlässigkeit des neuen Verkehrsmittels erwiesen war, begann ein regelrechter Eisenbahnboom. Östlich des Mississippi bzw. des Missouri entstanden bis 1860 über 30000 Meilen Bahnstrecken.
1862 wurde der Bau der transkontinentalen Eisenbahn mit dem „Pacific Railroad Act“ beschlossen. Bei deren Bau arbeiteten sich mehr als 10000 irische und deutsche Einwanderer aus östlicher Richtung vor.  Bis zu 15000 Arbeiter, meist Chinesen, bezwangen die Rocky Mountains vom Westen, vom Pacific ausgehend.
Die Arbeiter kämpften nicht nur mit den harten natürlichen Bedingungen und Witterungsunbilden, sie lebten in primitiven Eisenbahnwagen und nannten diese „Hölle auf Rädern“!
Zwischen 1863 und 1869 wurde die Linie von der Central Pacific Railroad und der Union Pacific Railroad in Angriff genommen. Nachdem man etliche Meilen aneinander vorbei gebaut hatte, der Bahnbau brachte staatlich garantierten Landbesitz, wurde von der Regierung angeordnet, dass man sich in Promontory, nördlich des Großen Salzsees, zu treffen habe!
Am 10. Mai 1869 war es dann soweit, als Mr. Stanford, Präsident der Central Pacific, den „Goldenen Schienennagel“ einschlug und anschließend wieder herauszog, um ihn mit nach Kalifornien zu nehmen. Dabei standen sich die Lokomotiven Nr. 60, besser bekannt als Jupiter der Central Pacific Railroad und die Nr. 119 der Union Pacific Railroad gegenüber- vorweg genommenes Hollywood.
In den folgenden Jahren kamen weitere durchgehende Ost – West – Verbindungen und Nebenstrecken hinzu – die Länge der Strecken westlich des Mississippi wuchs zwischen 1860 und 1890 von 2175 auf 72389 Meilen. 1916 umfasste das US – amerikanische Eisenbahnnetz ca. 250000 Meilen, das von etwa 1200 Bahngesellschaften betrieben wurde. Die Eisenbahn war somit zur Lebensader der Vereinigten Staaten von Amerika geworden.

Machen wir einen Sprung zum Ende des 20. Jahrhunderts:
In Nordamerika setzt man auf Individualverkehr. Mit der Eisenbahn reisen auf größeren Entfernungen Rentner, Studenten, Touristen – Menschen die Zeit haben. Die staatliche Eisenbahngesellschaft für den Fernverkehr heißt National Railroad Passenger Corporation oder kurz „Amtrak“ – Spötter behaupten, das sei ein indianisches Wort für Probleme und in der Tat hofft man ständig auf die Gunst der Abgeordneten im „Weißen Haus“ in Washington. Geschäftsleute hingegen fahren mit dem Auto, bzw. fliegen bei größeren Distanzen; „Time is Money“.
Die Güterverkehrsgesellschaften haben sich nach Zeiten des Niedergangs im Eisenbahntransport in den siebziger Jahren zu profitablen Wirtschaftsunternehmen entwickelt. Derzeit beherrschen fünf große Gesellschaften in Form von Union Pacific, BNSF Railway, CSX Transportation; Norfolk Southern und Kansas City Southern den hart umkämpften Markt. Die kanadischen Bahnen Canadian Pacific sowie Canadian National gewinnen zunehmend Marktanteile in den USA.
Eigen ist den amerikanischen Bahngesellschaften, dass ihnen die Strecken meist gehören. Konkurrierende Gesellschaften besitzen in der Regel Durchfahrtsrechte und damit ist die Anbindung an die Kunden garantiert!
Durch Joint Ventures wird sichergestellt, dass die Lokomotiven nicht ständig gewechselt werden müssen, sondern bis zum Endpunkt durchlaufen können. Dabei kommen Standards wie Einheitsführerstände sowie vereinheitlichte Betriebs- und Sicherheitssysteme zur Anwendung! Im Übrigen werden Lokführer in Amerika nur einmal geschult und können auf Grund der Vereinheitlichung auch bei Indienststellung neuester Loktypen diese ohne zusätzliche Ausbildung fahren.
Technische Meilensteine sowie pragmatische Lösungen sind kennzeichnend für die Effizienz amerikanischer Eisenbahnen. Man denkt in diesem Zusammenhang an die Verwendung von Drehgestellwagen seit der Frühzeit der Eisenbahn, die verbindliche Einführung der halbautomatischen Klauenkupplung und der selbsttätigen Druckluftbremse 1893 oder auch die frühzeitig einsetzende Verdieselung in den 1930er und 1940er Jahren. Zukunftsweisend war die Einführung des Doppelstock-Containerverkehrs durch die Southern Pacific Railroad 1984. Allerdings mussten hierfür die Strecken ertüchtigt werden. Mit den Tunnel-Enlargement Programms wurden die erforderlichen Lichtraumprofilerweiterungen US-weit durchgeführt. Wo dies nicht möglich war, baute man Umgehungsstrecken und es ist schon beeindruckend, wenn ein langer Doppelstock-Containerzug mit mehr als 60 Meilen pro Stunde durch die Wüste donnert. Da tritt man automatisch einige Schritte zurück. Dabei müssen die langen 53-Fuß-Container nicht zwangsläufig unten stehen, sondern können beispielsweise über einem 48-Fuß-Container beidseitig herausragen!


Mit der Entwicklung des EOT – End of Train Devise oder FRED – Flashing-Rear-End- Device und der HTD – Head of Train Devise wurde nicht nur die Sicherheit verbessert, sondern auch Personal eingespart. Damit verschwand der Caboose am Schluss des Zuges zum Leid aller Fans. Die Cabooses, übersetzt Zugbegleiterwagen, liefen am Schluss fast aller Züge. Mitfahrende Personale hatten die Aufgabe den Zug während der Fahrt zu beobachten, bei Kreuzungen oder Überholungen die Weichen zu stellen und weitere dienstliche Aufgaben, wie Roll by Inspections oder die Absicherung des Zugschlusses zu übernehmen.
HTD und EOT bzw. FRED bilden eine Einheit und die HTD wird bei Zugpersonalen scherzhaft als „Wilma“ bezeichnet. Mittels eines Nottasters kann vom Führerstand aus ein Emergency Brake, eine Schnellbremsung, eingeleitet werden. Informationen werden per Funksignal über den Zustand am Schluss des Zuges ständig ausgetauscht und dem Lokführer an der Spitze übermittelt. Scanner an den Ein- und Ausfahrten der Bahnhöfe bzw. an bestimmten Punkten sorgen unterwegs dafür, dass die Kunden nachvollziehen können, wo sich ihre Fracht gerade befindet.
Am deutlichsten lässt sich jedoch der Fortschritt bei der Lokomotiv-Entwicklung nachvollziehen. Dabei haben die Entwickler neben Umweltauflagen und ökonomischen Rahmenbedingungen auch mit geografischen Herausforderungen zu kämpfen. Die Lokomotiven müssen in Höhen mit geringerem Luftdruck eine ähnlich gute Leistungsentwicklung entfalten wie etwa auf Meeresspiegelhöhe. In Alaska sind die klimatischen Bedingungen aber alles andere als mit denen in Arizona oder Florida vergleichbar.
DPU`s, Distributed Power Units und deren Anwendung gehören heute zum Standardverfahren nicht nur bei Ganzzügen. Ein Lokführer steuert über Funk alle im Zugverband laufenden Maschinen.
Das kann man unter anderem eindrucksvoll in Wyoming bei den Kohlezügen beobachten. Der Kohletransport wurde zu einer Fließbandproduktion entwickelt. Selbst die automatische Beladung wird vom Operator der Minengesellschaft gesteuert, soll heißen auch die Befüllung der Waggons und Steuerung der Lokomotiven.
In den 1990er Jahren herrschte auf Grund der Typenvielfalt und der verschiedenen Bahngesellschaften unter den Eisenbahnfans Goldgräberstimmung. Leider wurde diese Zeit auch von einer Fusionswelle überschattet. Viele berühmte Bahngesellschaften (wie zum Beispiel Rio Grande, Southern Pacific und Santa Fe) und damit viele Farbschemata verschwanden und gingen in den großen Unternehmen auf. Man spricht heute wehmütig von den „Fallen Flaggs“. Die seit einigen Jahren bei neuen Loks ausschließlich verbauten breiten Sicherheits Führerhäuser  (Wide- bzw. Comfort Cabs) sorgten ebenfalls für weniger Abwechslung in den Zugkonfigurationen. Einige sprechen daher respektlos vom „Einheitsbrei“.
Dem kann man zustimmen oder auch nicht. Jeder Eisenbahnenthusiast sollte bedenken, das die neuen Fahrzeuge von heute die Oldtimer von morgen sind!
Dieses Buch zeigt die Eindrücke vieler Reisen und beginnt im mittleren Westen. Topographisch am abwechslungsreichsten sind die weltberühmten Rocky Mountains. Deshalb habe ich der Moffat Line (benannt nach David H. Moffat, der mit seiner Gesellschaft Denver, Northwest & Pacific diese atemberaubende Gebirgsstrecke erbauen ließ ) höhere Aufmerksamkeit gewidmet als anderen Strecken. Man möge mir diesen „Egoismus“ verzeihen und die Aufnahmen einfach genießen. Diese Strecke, die seit 1928 zum Netz der ehemaligen Denver and Rio Grande Railroad gehörte,  bietet wunderbare, einzigartige Landschaften und monumentale Eisenbahnbauten. Gleich hinter Denver gewinnt die Eisenbahn mittels Big Ten und Little Ten Curve  an Höhe. Der Moffat Tunnel mit 10 km Länge ist eine technische Meisterleistung und durchquert die Kontinentale Wasserscheide. Danach verläuft die Eisenbahn anfangs am Fraser River und später am Colorado River entlang. Spektakuläre Canyon‘s wie der Fraser, Byers, Gore oder Glenwood Canyon, um nur einige zu nennen, bieten nicht nur Eisenbahnmotive in Hülle und Fülle, sondern sind auch ohne Züge beeindruckend!
In diesem Sinne, viel Spaß beim Blättern und genießen Sie eine Bildreise mit der Eisenbahn in den Westen der Vereinigten Staaten von Amerika.

Veit Krausche